Der Chemie-LK im Staatsarchiv – passt das?
- Categories KulturSchule, MINT
- Date 01.09.2018
„Wir machen gar keinen Ausflug!“, jammerte der Chemie-LK zu Beginn der Q3. Diesen Vorwurf sich zu Herzen nehmend lies die engagierte Kurslehrerin nichts unversucht um ein thematisch passendes Ausflugsziel zu finden. Das es am Ende das Staatsarchiv wurde, mag den ein oder anderen überraschen, hier erfährt er allerdings, dass es gar nicht so verkehrt war.
Das Staatsarchiv hat, wie der Name schon sagt, als eine der wichtigsten Aufgaben die Bewahrung von Dokumenten sicherzustellen. Diese Aufgabe wird allerdings durch die Übersäuerung des Papiers, beschwerlich. Papier besteht, wie fast jeder weiß aus β-1,4-glycosidisch verknüpften β-D-Glucosepolymeren. Das war aber nicht immer so wie der Leistungskurs eigenständig recherchierte. Zunächst wurden Schriften auf Papyrus, später dann auf Pergament verfasst. Und zu Beginn der Papierproduktion bestand das Papier aus kleingemahlenen Stoff- und Leinenstücken.
Aber zurück zum heutigen Papier. Aufgrund der Herstellungsweise wird und wurde die Cellulose mit verschiedenen Chemikalien behandelt. Diese Chemikalien sind oft sehr säurehaltig und dies stellt eine Gefahr für die Polymere da. Die mit der Luftfeuchtigkeit gebildeten H3O+-Ionen neigen dazu die β-1,4-glycosidischen Verbindungen zu zerstören, was zu einer schnelleren Alterung und Zerstörung des Papiers führen kann. Wie kann man diese Alterung aufhalten? Den chemiebegeisterten Schülerinnen und Schülern ist es sofort klar: durch Neutralisation. Die Bücher werden in eine große Kammer gegeben und mit einer schwach basischen Lösung, aus Magnesiumcarbonat, getränkt. Aufgrund der Neutralisationsreaktion entsteht Wasser, das beim Trocknen entweicht, und ein Magnesiumsalz. Als alkalische Reserve bleibt ein Teil des Magnesiumcarbonats im Papier zurück, sodass das Papier noch eine Zeitlang vor dem Säurezerfall geschützt ist.
Nach dem recht theoretischen Teil ging es für den Leistungskurs in die Werkstatt des Staatsarchivs um die neu erworbenen Kenntnisse in der Praxis anzuwenden.
Aus Galläpfeln, Eisen(II)-sulfat, Wasser und Gummi arabicum wurde eine schwarze, dokumentenechte Tinte hergestellt, mit der die Schüler, stilecht mit einer Gänsefeder, Schreibversuche unternehmen durften. Bei der Herstellung der Tinte wurde ein kleiner Ausflug in die Komplexchemie unternommen, da das Eisen(II)-sulfat sich aufgrund einer Redoxreaktion zu einem Eisen(III)-komplex verändert, der für die schwarze Farbe der Tinte hauptsächlich verantwortlich ist. Ähnliche metallorganische Komplexe kennt man auch aus dem grünen Blattfarbstoff Chlorophyll oder dem Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff.
Aus einem Brei von eingeweichter Cellulose durften die Schülerinnen und Schüler ihr eigenes Papier schöpfen. In Anlehnung an die Papiermühlen von Stoffen versuchten die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit den Mitarbeitern des Staatsarchivs aus den Flusen eines Trockners ebenfalls Papier herzustellen. Dies gelang allerdings nicht so zufriedenstellend. Eine mögliche Lösung ist die Beimischung von Cellulose zu den Flusen, dies muss allerdings noch erprobt werden.
Abschließend bleibt festzuhalten: Der Chemie-LK im Staatsarchiv hatte jede Menge Spaß, hat etwas Neues gelernt und damit war es ein passend gewähltes „Ausflugsziel“.